Wie Rum entsteht: Brauner Rum

Aus der Destille kommt eine frische, hochprozentige und völlig farblose Spirituose, die mit dem Rum, wie wir ihn lieben, noch recht wenig zu tun hat. Was mit dieser Spirituose nun weiterhin geschieht, hängt davon ab, welche Art von Rum es werden soll. Die hochwertigste Sorte ist der braune Rum:

Brauner Rum, Black Rum oder Dark Rum, Rhum vieux, Ron Anejo: Sie stehen am oberen Ende der Skala, wenn wir an „Rum“ denken, dann meist an diese Spezialitäten, die ihren Geschmack und Charakter ebenso wie (im Idealfall) ihre dunkle Farbe einer langen Reifung in Eichenfässern verdanken. Durch diese Reifung und den Einfluss des Holzes soll der Rum verfeinert und veredelt werden und zusätzliche Geschmacksnuancen erhalten.

Meistens handelt es sich dabei um Destillate einer einzigen Brennerei, wobei zumeist der Inhalt verschiedener Fässer verschnitten wird, um ein ausgewogenes und qualitativ konstantes Produkt zu erhalten, bisweilen werden allerdings auch Rums verschiedener Brennereien verschnitten, die unter Umständen sogar aus verschiedenen Ländern (oder Inseln) kommen können. Dies ist etwa beim Rum Pyrat der Fall, der von der Anguilla Rum Company auf der gleichnamigen Insel aus Rums verschiedener Karibik-Inseln komponiert wird, weil auf Anguilla selbst praktisch kein Zuckerrohr wächst und ergo auch kein Rum destilliert werden kann.

Für die Reifung dieser Rums gibt es grundsätzlich zwei völlig verschiedene Möglichkeiten:

(I) Traditionell werden solche Rums einfach in gebrauchte Eichenfässer gefüllt, wobei es sich, wie beim Single Malt Whisky, zumeist um ehemalige Bourbon-Fässer handelt. Wie beim Whisky, so wird auch beim Rum gelegentlich mit einer anschließenden Nachreifung in anderen Fässern experimentiert, wie das Beispiel des Plantation 20th Aniversary zeigt, der in ehemaligen Cognacfässern nachreifen darf – jedoch ist diese Praxis bei Weitem nicht so weit verbreitet wie beim Whisky! Es liegt also an der Kunst und vor allem Erfahrung des Master Blenders, einen hochwertigen Rums aus den zur Verfügung stehenden Destillaten zu komponieren.

In diesen Fässern reifen die Rums dann mehrere Jahre lang, bis man zu der Überzeugung gelangt, daß sie zur Abfüllung bzw. zum Verschnitt mit anderen Fässern geeignet sind. Generell reift Rum schneller als zum Beispiel der Scotch Whisky, das liegt vor allem am Klima: Während in Schottland und anderen Whisky produzierenden Ländern das Wetter eher kühl und von einer hohen Regenneigung geprägt ist, kommt der Rum meist aus dem heißen Klima Mittel- und Südamerikas. Die wesentlich höheren Durchschnittstemperaturen dort bedingen eine schnellere Verdunstung des Rums durch die Fassdauben und damit eine beschleunigte Interaktion zwischen Holzfass und Inhalt.

Etwas pauschaliert kann man deshalb davon ausgehen, daß die Reifung beinahe doppelt so schnell abläuft wie beim Whisky – ein acht Jahre alter Rum entspricht daher von seinem Reifestadium her etwa einem 15 Jahre alten Scotch. Schon allein deswegen ist die standardmäßige Reifedauer eines Rums eher bei zwischen fünf und acht Jahren anzusiedeln, während beim Scotch 12 Jahre eher üblich sind. Einige Hersteller, wie etwa Zacapa aus Guatemala, versuchen deshalb, ihre Rums durch Lagerung in großen Höhen von z.B. 1200 m langsamer reifen zu lassen, weil sie der Meinung sind, daß dies zu besseren Ergebnisse führe. – Ob dies tatsächlich der Fall ist, möge jeder für sich selbst entscheiden!

Generell ist dabei zu beobachten, daß in den letzten Jahren der Trend zu immer länger gelagerten Ausgaben geht, und zwar sowohl beim Rum wie beim Whisky – so ist ein 12 Jahre gereifter Rum heute durchaus ebenso wenig eine Ausnahme wie ein 25 Jahre alter Whisky (und beide sind nach den obigen Ausführungen etwa „gleich alt“…).

Ob das Ergebnis dieses Blendings ein „leichter“ oder „schwerer“ Rum ist, hängt davon ab, welche Ausgangsdestillate verwendet wurden. Allgemein kann gesagt werden, daß Rums, die in kleinen Pot Still-Anlagen gebrannt wurden, einen schwereren Charakter haben als solche, die aus großen Brennblasen oder gar aus einer Säulenbrennanlage kommen. Daher sind Rums aus kleinen Brennereien meist eher schwerer als die Destillate großer Marken, die in riesigen Brennanlagen hergestellt und deshalb auch gerne als „Industrie-Rums“ bezeichnet werden.

Andererseits haben große Konzerne meist Zugriff auf wesentlich umfangreichere Bestände, und in ihren Lagern ruhen viele sehr alte Fässer, da genügend Kapital vorhanden ist, um den Fässern genügend Gelegenheit und Zeit zur Reifung zu geben. Deswegen können deren Master Blender immer wieder aus dem Vollen schöpfen, um besonders exquisite und reife Rums kreieren zu können, die dann freilich auch zu entsprechenden Preisen auf den Markt kommen.

(II) Die Solera-Methode: Bei dieser aus der Sherry-Herstellung in Spanien entlehnten Methode werden mehrere Fassreihen übereinander gestapelt. Aus den Fässern der untersten Reihe wird meist einmal im Jahr ein Teil – in der Regel maximal ein Drittel – abgezogen und zum Verkauf abgefüllt. Die nun in dieser untersten Fassreihe fehlende Füllmenge wird aus der darüber liegenden Fassreihe nachgefüllt, und jene aus der dritten Reihe usw. usf., bis man bei der obersten Fassreihe angekommen ist. Die dort letztlich fehlende Füllmenge wird nun mit frisch destilliertem Rum ergänzt, und im nächsten Jahr fängt das Ganze wieder von vorne an.

Ziel dieser Solera-Methode ist es, durch die laufende Vermischung älterer und jüngerer Rums ein besonders ausgeglichenes Endprodukt zu schaffen, das über lange Jahre von gleichbleibender Qualität ist. Gleichzeitig vereint das Endergebnis die Vorzüge junger wie alter Rums in sich: Die jüngeren Rums geben ihm ihre Frische und Authentizität mit, während die älteren ihm ihre Reife und geschmackliche Tiefe mitteilen! – Und letztlich können mit der Solera-Methode auch schlechtere Jahrgänge verwertet werden, da sie durch die Qualität der anderen Jahre gewinnen (beim Rum ist dies freilich nicht so wichtig wie zum Beispiel beim Sherry oder beim Brandy, wo man sehr von der Qualität der Ausgangsweine abhängig ist).

Generell muß darauf hingewiesen werden, daß bei einem Solera-Rum eigentlich keine Altersangabe möglich ist, schließlich handelt es sich immer um einen Verschnitt verschiedener Jahrgänge, und in jeder Flasche eines solchen Rums befindet sich auch ein (wenn auch geringer) Anteil von Rum, der so alt ist wie die Solera selbst. Daß dennoch immer wieder Solera-Rums mit Altersangabe auf den Markt kommen, hat seinen Grund einzig im Marketing…

Gleichgültig, auf welche Weise die Reifung des Rums nun erfolgte, das Ergebnis ist immer eine Spirituose von mehr oder weniger dunkler Farbe (wobei freilich auch hier die Färbung durch Zuckercouleur eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Farbgebung vieler Rums spielt). Davon leitet sich denn nun auch die Bezeichnung für solche Rums her, die entweder auf ihre Farbe (Black Rum, Dark Rum etc.) anspielen, oder auf ihr Alter (Ron Anejo, Rhum vieux etc.).

Hier nun einige Beispiele für verschiedene gute dunkle Rums:

Diplomatico Reserva 12 Anos (Venezuela)

Ron Zacapa Solera Gran Reserva 23 Anos (Guatemala)

Gosling’s Family Reserve (Bermudas)

El Dorado 15 Anos (Guyana)

Plantation 20th Anniversary (Barbados)

Quorhum Solera Anejo 23 Anos (Dominikanische Republik)

 

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

 

 

 

 

2 Gedanken zu “Wie Rum entsteht: Brauner Rum

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