Wie Rum entsteht: Die Destillation

Der weitaus meiste Rum der Welt wird aus Melasse hergestellt, nur ein Bruchteil aus dem frischen Zuckerrohrsaft – auch wenn die direkte Destillation eines vergorenen Zuckerrohrsaftes einen Rum ergibt, der die geschmacklichen und olfaktorischen Charakteristika des Zuckerrohrs am unverfälschtesten wiedergibt. Diese Art der Rumherstellung findet man heutzutage allerdings fast nur noch auf den französischen Antillen, vor allem auf Martinique und Guadeloupe, wo so produzierter Rum als „Rhum Agricole„, also etwa „bäuerlicher Rum“ bezeichnet wird.

Einige wenige Brennereien destillieren Rum auch erst, nachdem der frische Zuckerrohrsaft in Zuckersirup umgewandelt wurde, des hauptsächliche Vorteil dieses Verfahrens ist der, daß man praktisch das ganze Jahr über brennen kann, da Zuckersirup im Unterschied zu frischem Zuckerrohrsaft, der sofort verarbeitet werden muß, sehr lange haltbar ist.

Ähliches gilt allerdings auch für die Melasse, sie ist wesentlich stabiler als frischer Zuckerrohrsaft.

Die Rumherstellung selbst unterscheidet sich von Brennerei zu Brennerei ganz erheblich: Je nach Tradition und vor allem finanziellen Mitteln wird entweder gewartet, bis die Melasse (oder das Zuckersirup oder der frische Zuckerrohrsaft) unter dem Einfluss natürlicher, also im Produkt selbst oder auch in der Umgebungsluft vorhandenen Hefen zu gären beginnt, was unter Umständen bis zu zwei Wochen dauern kann. Es sind in der Regel die kleinen, bäuerlichen Brennereien, die schon wegen der hohen Kosten auf moderne Apparaturen verzichten.

Auf der anderen Seite stehen riesige Destillationsanlagen, die von Computern gesteuert werden und ein Ausgangsprodukt verarbeiten, das durch den Einsatz von Reinzuchthefe in temperaturgesteuerten Kesseln unter Laborbedingungen vergoren wurde. Solche Gärprozesse sind bisweilen schon nach wenigen Stunden beendet.

Der wichtigste Schritt in der Rum-Herstellung ist natürlich die Destillation, die im Prinzip in einer ganz einfachen und uralten Pot Still-Anlage aus Kupfer vorgenommen werden kann, die einer Alambic ähnelt, wie man sie in Frankreich zu Destillation von Cognac und Armagnac verwendet.

Eine solche Anlage besteht in ihrer einfachsten Ausführung aus einer Brennblase aus Kupfer, worunter man sich einen beheizbaren Kessel vorzustellen hat, in welchem die vergorene Maische erhitzt wird, und zwar entweder durch ein offenes Feuer, oder heute zumeist durch Erdgas, Erdöl oder auch elektrisch. Diese Brennblase verjüngt sich nach oben zu einem Schwanenhals („swan’s neck„) und geht dann bogenförmig in einen Kondensator über, ein meist spiralförmig gedrehtes Rohr, das durch einen mit Wasser gefüllten Kühlkessel führt, worin die aufsteigenden alkoholischen Dämpfe kondensieren, um dann in einen Auffangbehälter zu gelangen. – Das war es im Prinzip auch schon!

Was sich so einfach anhört, ist allerdings ein komplexer Prozess, und wenn man einen trinkbaren Rum produzieren will, muss die für die Destillation zuständige Person über sehr viel Erfahrung verfügen, weswegen jede Destillerie einen so genannten Meisterbrenner („Master Distiller„) beschäftigt, der über eine solche Expertise verfügt.

Bei jeder Destillation entsteht eine Spirituose, die in Vorlauf („foreshots„), Herzstück („heart„) und Nachlauf („feints„) unterschieden wird – und sowohl Vor- als auch Nachlauf können nicht verwendet werden, da sie viele Fuselöle und andere unerwünschte Stoffe enthalten, welche den Geschmack des Rums (wie jeder anderen Spirituose) erheblich beeinträchtigen würden. Die Kunst des Master Distiller ist es also, genau zu wissen, wann die Foreshots enden und das Herzstück beginnt – erst jetzt wird das Destillat verwendet. Und dann muß der Experte noch bestimmen, wann das Herzstück endet, damit er es von den nun folgenden unerwünschten Feints trennen kann.

Die Maische in der Brennblase wird jedenfalls auf etwa 80° C erhitzt, wodurch alkoholische Dämpfe durch den Schwanenhals nach oben steigen und im Kondensator durch Abkühlung kondensieren, das Ergebnis ist eine Rohspirituose mit einem Alkoholgehalt zwischen 70% und 85% (es gibt auch Destillen mit zwei Brennblasen). Diese wird dann entweder auf Trinkstärke herabgesetzt und als weißer Rum (Blanco, Rhum blanc) verkauft, oder sie wird in Fässern für eine bestimmte Zeit gelagert und dann entweder mit anderen Rums derselben Destillerie verschnitten (was meistens der Fall ist), oder als Small batch-Rum unverschnitten abgefüllt.

Die zweite, sehr weit verbreitete, Art der Destillation von Rum bedient sich einer modernen Column Still-Anlage, die im Wesentlichen aus einer (bisweilen auch mehreren hintereinander geschalteten) Brennsäule aus Edelstahl besteht, nicht unähnlich einer Anlage, mit welcher Rohöl zu Benzin raffiniert wird. Der hier produzierte Rum ist wesentlich billiger, da er kostengünstiger produziert werden kann: Es wird in einer solchen Anlage pausenlos destilliert, während eine Pot Still-Anlage nach jedem Brennvorgang abkühlen und gesäubert werden muß, bevor sie mit neuer Maische beschickt werden kann.

Gleichzeitig erzielen Column Still-Anlagen einen Alkoholgehalt von etwa 95%, sind damit gewissermaßen effizienter und ergeben einen reineren Alkohol – was man allerdings normalerweise gar nicht will: Der Charakter eines guten Rums wird von den Inhaltsstoffen definiert, die sich außer dem reinen Alkohol noch in ihm befinden, und je geringer der Anteil dieser Inhaltsstoffe ist, desto neutraler und weniger charakteristisch schmeckt der Rum!

Deshalb werden Spitzenrums im Allgemeinen in Pot Still-Anlagen destilliert, und hier kann als Faustregel gelten: Je kleiner die Brennblase, um so eindrucksvoller wird der Rum!

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

 

 

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