Der Stork Club New York

Es gibt und gab eine ganze Menge berühmter Bars, natürlich vor allem in den USA und England, aber auch in Frankreich, wo sich die Haute Volée zu einem (oder mehreren) Drinks trifft, und nicht wenige davon sind oder waren ein „Muß“ für diejenigen, die „in“ sind oder es zumindest sein wollen.

In solchen Etablissements herrscht stets eine Atmosphäre, die eine Melange aus Geld, Macht und Berühmtheit darstellt, angereichert mit jenen Drinks, die gut und teuer sind, darunter natürlich vor allem Champagner, Martinis Extra Dry und Old Fashioneds. Ausgeschenkt werden diese von distinguierten Bartendern in weißen Smokings und kredenzt von hübschen Serviererinnen in reizender Bekleidung an Gäste, die zum Beispiel Richard Burton, Duke of Windsor oder Grace Kelly hießen…

Die weltweit zweifelsohne berühmteste Einrichtung dieser Art war der Stork Club (Storchenclub) in New York, der zwischen 1929 und 1965 die erklärte Heimstatt des alten wie des neuen Geldes war, garniert mit Stars aus der Film- und Musikbranche wie Marilyn Monroe oder Charlie Chaplin, Elizabeth Taylor und Richard Burton, Charles Laughton und Lucille Ball, und natürlich durfte auch Ernest Hemingway nicht fehlen (die Liste ließe sich beliebig verlängern…)! Fürst Rainier von Monaco führte hier seine spätere Ehefrau Grace Kelly ebenso aus, wie der Duke of Windsor seine Frau, die Duchess of Windsor. Hinzu kam natürlich der Geldadel, vertreten zum Beispiel durch Gloria Vanderbilt und die Eisenbahn-Tycoone Harriman, und schließlich bekannte Persönlichkeiten aus der Politik, allen voran John F. Kennedy und die Roosevelts, sowie der langjährige Chef des FBI, J. Edgar Hoover, der auch ein persönlicher Freund von Billingsley war.

Doch wie kam es eigentlich, dazu, daß der Stork Club von dieser anspruchsvollen Klientel förmlich belagert wurde?

Nun, gegründet wurde der Club 1929 von einem gewissen Sherman Billingsley, der das dafür nötige Kapital als Schmuggler während der Prohibition verdient hatte. Zunächst war er nur als privater Club gedacht, in welchem er mit seinen Freunden dem Kartenspiel frönen konnte, weshalb er sich in 132 West 58th Street in Manhattan befand, unweit der Wohnung von Billingsley. Schon 1934 erfolgte allerdings der Umzug nach 3 East 53rd Street, direkt östlich von der Fifth Avenue.

Der Stork Club bestand im Wesentlichen aus einem fensterlosen Gastraum mit einer Bar, dessen Wände von Spiegeln und Gemälden geschmückt wurden, dazu kamen mehrere weitere kleinere Räume. Die anderen Mieter des Gebäudes, zumeist Ärzte und Apotheker, waren natürlich alles andere als glücklich über diese neue Mietpartei und versuchten alles, um gegen den Stork Club vorzugehen. Ihre Bemühungen führten allerdings zu keinem Ergebnis, und 1946 kaufte Billingsley das gesamte Gebäude zum Preis von 300.000 US$, die er bar bezahlte – um die anderen Mieter umgehend an die frische Luft zu setzen!

Herzstück des Clubs war natürlich die Bar, in welcher Barchef Nathaniel “Cookie” Cook mit seinem Team erstklassige Cocktails mixte, allen voran den von ihm selbst kreierten

Stork Club Cocktail:

5 cl Hayman’s Old Tom Gin

3 cl frischer Orangensaft

1 cl Limettensaft

1 cl Cointreau

1 dash Angostura Bitters

Alle Zutaten im Shaker schütteln und in eine vorgekühlte Cocktailschale ohne Eis strainen.

Als Deko dient eine Orangenzeste.

In den vielen Jahren seiner Existenz sah der Stork Club freilich noch weitere Barchefs, allen voran Johnny Brooks, der (freilich nicht gleichzeitig) auch im nahen Luxushotel Waldorf-Astoria sowie im berühmten Beachcomber tätig war.

Diesem und vielen anderen Cocktails widmeten sich Herren im Smoking, die ihre neuesten Eroberungen mitbrachten, welche bei der Gelegenheit auch gleich ihre neuesten Klunker vorführten. Und weil so mancher dann auch den einen oder anderen Drink zuviel hatte, kam es bisweilen vor, daß etwas verloren ging. So wie zum Beispiel Evalyn Walsh McLean, die den Hope-Diamanten (45,52 Karat, er gilt als der teuerste Diamant der Welt) im Stork Club verlor. Er wurde später unter ihrem Tisch gefunden und ihr selbstverständlich zurückgegeben!

Überhaupt war der Besitzer des Stork Clubs, der bereits erwähnte Billingsley, stets darauf bedacht, seine zahlungskräftige Kundschaft bei Laune zu halten. So konnte zum Beispiel Ernest Hemingway seine Rechnung im Stork Club mit einem Scheck über 100.000 US$ bezahlen, den er für die Filmrechte für sein Buch „Wem die Stunde schlägt“ erhalten hatte – den Restbetrag erhielt er in bar ausgezahlt (wieviel das noch war, wird nicht berichtet, bei Hemingway kann man ja nie wissen…)!

Auch verstand es Billingsley, seine Gäste mit wertvollen Geschenken bei Laune zu halten, darunter Champagner und andere wertvolle Spirituosen, aber auch Diamantenarmbänder und Perlenketten, teuere Parfüms und bisweilen sogar ein Auto – pro Jahr investierte Billingsley mehr als 100.000 US$ in diese Geschenke, was er sich offensichtlich leisten konnte.

Natürlich war außer erstklassigen Drinks, Champanger und Luxusspeisen (Kaviar wurde von den Gästen kiloweise geordert) auch für Unterhaltung erster Güte gesorgt: Der „King of Swing„, Benny Goodman, war mit seinem Orchester regelmäßig für die musikalische Untermalung der Abende im Stork Club zuständig, und generell galt, was der frühe Berichterstatter über die High Society, Lucius Beebe, 1949 schrieb: „Für Millionen Menschen auf der ganzen Welt ist der Stork Club DAS Symbol für Luxus und die Quintessenz städtischen Lebens. Er steht für Berühmtheit, Reichtum und Eleganz„. Photos und ein kurzes Video vom Stork Club der 1940er und 1950er Jahre finden sich hier!

Doch dabei hatte Billingsley stets ein Auge auf junge Menschen, welchen der Alkoholgenuß noch nicht erlaubt war: Er sorgte dafür, daß sie im Stork Club zwar willkommene Gäste waren und dort schöne Abende verbringen konnten, achtete aber gleichzeitig streng darauf, daß ihnen kein Alkohol serviert wurde.

Der Niedergang des Stork Club begann, als Billingsley es seinen Angestellten nicht erlaubte, sich in Gewerkschaften zu organisieren. 1957 waren die Angestellten aller Bars und Clubs in New York Gewerkschaftsmitglieder, und die in den USA damals sehr mächtigen Gewerkschaften veranstalteten von nun ab ständig Demonstrationen vor dem Stork Club, was viele seiner illustren Gäste von einem Besuch abschreckte. Und das, obwohl seine bis zu 200 Angestellten mehr verdienten, also die gewerkschaftlich organisierten Kollegen anderer Clubs!

Gleichzeitig wurden Anklagen wegen angeblicher Steuerhinterziehung vorgebracht, die freilich trotz rigider Kontrollen niemals bewiesen werden konnten – dennoch aber dazu beitrugen, den Stork Club in ein schlechtes Licht zu rücken, was besonders die Politprominenz dazu bewog, den Club zu meiden.

1965 führte derlei Ungemach schließlich zur Schließung des berühmtesten Clubs der Welt, das ganze Gebäude wurde ein Jahr später abgerissen und an seiner Stelle der Paley Park eröffnet, ein sogenannter „Westentaschenpark„, also eine kleine grüne Oase mitten in New York.

 

 

 

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