Wie mixe ich einen guten Cocktail?

Alle Welt mixt heutzutage Cocktails, überall erhält man „Cocktails“, und die Preise schwanken von unter 2,00 € für -Fertigprodukte aus der Flasche oder Dose (ich habe nun sogar schon Cocktails im Tetrapak gesehen) bis zu weit über 20,00 € für hochwertige Drinks in einer guten Bar.

Einmal ganz davon abgesehen, daß die Bezeichnung „Cocktail“ für viele dieser Produkte eine glatte Frechheit ist, stellt sich die Frage, wie eigentlich ein guter Cocktail gemacht wird…?

(1) Zunächst einmal gilt die alte Regel: „Aus einem Glas kann nur das herauskommen, was vorher hineingetan wurde“ – man verwende also im Idealfall:

– hochwertige Spirituosen an Stelle des „Happy-Hour-Fusels„, der zwar billig ist und der professionellen Bar eine hohe Gewinnmarge verschafft, aber geschmacklich doch sehr zu wünschen übrig lässt und zudem am nächsten Tag ein im wahrsten Sinne des Wortes „böses Erwachen“ verschafft

Gerade in der Hausbar tut man gut daran, sich auf einige bestimmte Cocktails zu beschränken, für welche man dann die entsprechenden Spirituosen besorgt: Es ist praktisch unmöglich und macht auch keinen Sinn, die umfangreiche Cocktailkarte einer professionellen Bar imitieren zu wollen, da man hierfür eine viel zu große Zahl von Zutaten vorhalten müßte, allen voran natürlich die Spirituosen, aber auch Fruchtsäfte, Bitters und Sirups, deren einige zudem nicht ewig haltbar sind, von frischen Früchten ganz zu schweigen!

Von elementarer Bedeutung ist auch die Wahl der jeweiligen Spirituose: Wenn es im Rezept zum Beispiel heißt „man nehme 6 cl Bourbon„, dann hat die Wahl der Marke entscheidenden Einfluss auf den Geschmack des Cocktails: Ein Old Fashioned, der mit Maker’s Mark gemixt wurde, schmeckt ganz anders als einer, für den der Blanton’s Single Barrel Bourbon verwendet wurde. Ein Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Spirituosen, wobei beim Rum und beim Brandy die Unterschiede besonders deutlich auffallen!

– frisch gepresste Fruchtsäfte oder, wenn nicht verfügbar, wenigstens so genannte „Direktsäfte„, auf jeden Fall vermeide man die so genannten „Fruchtnektare„, die hauptsächlich aus Wasser und Zucker bestehen

– wo möglich, sind selbst gemachte Sirups die erste Wahl, man weiß, was drin ist und wird erstaunt sein über die geschmacklichen Vorzüge solcher Sirups, die in der Regel 50% des jeweiligen Fruchtsaftes enthalten (als Gegenbeispiel sei hier das dunkelrote Grenadinesirup eines weltbekannten Herstellers angeführt: Es enthält gerade einmal 2% (in Worten: ZWEI PROZENT) Grenadinesaft!!!

(2) Man halte sich an die Vorgaben des Rezeptes: MEHR bedeutet in den wenigsten Fälle auch „BESSER“! Einen guten Cocktail erkennt man in erster Linie an seiner Ausgewogenheit, also an der Balance zwischen alkoholischen und alkoholfreien Zutaten. Erhöht man den Anteil von zum Beispiel Fruchtsäften, dann wird der Drink zu schwach und ausdruckslos, gibt man zuviel Sirup hinein, wird er zu süß und pappig, ein Zuviel an Zitronen- oder Limettensaft läßt diese unangenehm vorschmecken, und zuviel Alkohol gibt dem Cocktail eine unangenehme alkoholische Note, die um so scheußlicher wird, je billiger der verwendete Alkohol ist. – Das mag in einer Disco angehen, wo niemand wirklich gute Drinks erwartet (und erhält…), aber nicht in einer Bar, die etwas auf sich hält!

Dieser Grundsatz gilt übrigens ganz elementar nicht nur für die Menge, sondern auch für die Anzahl der verschiedenen alkoholischen Zutaten: Grundsätzlich gilt, daß in einem guten Cocktail nicht mehr als maximal drei verschiedene Alkoholika verwendet werden sollten! – Werden mehr Spirituosen hineingemixt, dann ist das Ergebnis ein Drink von undefinierbarer alkoholischer Note nach dem Motto „wir schütten alles zusammen, was ihr wollt!“

Schon allein deshalb sind die heute so beliebten Mischungen verschiedenster Spirituosen, wie etwa der Long Island Ice Tea, auf keinen Fall als gute Cocktails im Sinne von qualitativ hochwertig zu betrachten – ganz davon abgesehen, daß hier meist Billigschnäpse verwendet werden, da man die Qualität einzelner Zutaten hier sowieso nicht mehr herausschmecken kann!

Leider ist es aber oft so, daß die Geschmacksnerven der Gäste bereits durch die lange Gewöhnung an mit Billigschnäpsen zubereitete Cocktails die wahre Qualität gar nicht mehr erkennen können, wenn sie ihnen denn doch einmal geboten wird. – Bei  mir selbst beschwerte sich vor einigen Monaten eine junge Frau, daß in ihrem Touchdown ja gar kein Alkohol drin sei – obwohl hier 4 cl Grey Goose Vodka und 3 cl Marie Brizard Apricot Brandy verwendet worden waren – bei einem Glas mit 16 cl Inhalt! – Armes Deutschland!

(3) Zum Mischen der Zutaten werden diese im allgemeinen entweder in einem Shaker geschüttelt oder im Rührglas gerührt, wobei jeweils genügend kaltes Eis verwendet werden muß. In der Regel werden hierfür relativ große Eiswürfel benützt, die nicht zu schnell schmelzen, um eine zu starke Verdünnung während des Mixens zu vermeiden.

Vor allem das Schütteln, aber auch das Rühren, sollte mit genügend Nachdruck erfolgen – der Cocktail soll zum Leben erweckt und nicht in den Schlaf gewiegt werden…! Geschüttelt oder gerührt wird so lange, bis der Shaker bzw. das Rührglas an der Außenseite so kalt geworden ist, daß man sie kaum mehr in der Hand halten kann. Das dauert, wenn man genügend Eis verwendet, in der Regel etwa 20 Sekunden.

(4) In der Zwischenzeit ist das zu verwendende Glas zu kühlen: Entweder entnimmt man ein gefrostetes Glas aus dem Tiefkühlfach (das ist die beste Lösung), oder man füllt das Glas mit genügend Crushed Ice, um es schnell herunter zu kühlen. Dies ist besonders wichtig bei jenen Cocktails, die ohne Eis serviert werden, wie zum Beispiel der Martini Extra Dry! Damit wird verhindert, daß sich der Drink zu schnell erwärmt und lau wird.

Gehört Eis in den Drink selbst, so ist IMMER frisches Eis zu verwenden, auf keinen Fall wird das zum Schütteln oder Rühren verwendete Eis zusammen mit dem Cocktail ins Glas geschüttet – es ist schon angetaut und würde zu schnell schmelzen! Daher verwendet man zum Eingießen des Drinks grundsätzlich einen Strainer, der das „alte“ Eis zurückhält!

(5) Die Wahl des Glases spielt natürlich auch eine Rolle für das Gesamtkunstwerk, das sich „Cocktail“ nennt! Jede richtige Bar hält deswegen mehrere verschiedene Arten von Cocktailgläsern vor, wobei es dem Bartender obliegt, das passende Glas für den jeweiligen Drink auszuwählen.

Für eine ganze Reihe Cocktails sind allerdings bestimmte Formen von Gläsern quasi „vorgeschrieben“, wenngleich dies nicht in Stein gemeißelt ist. So wird man in der Regel den Martini Cocktail im Martiniglas servieren, früher jedoch wurde er in einer flachen Schale dargereicht, und es spricht nichts dagegen, diesen schönen Brauch wieder aufleben zu lassen! – Man wähle also Cocktailgläser nach seinem Geschmack aus, denn das Glas als „Kleid“ des Cocktails ist in erster Linie von optischer Bedeutung. Grundsätzlich sollte jedoch beachtet werden, daß Cocktailgläser nicht zu groß sein sollten, da der Drink dann warm wird, bevor man ihn ausgetrunken hat – und zudem wird er zu sehr von Schmelzwasser verdünnt, wenn er „on the rocks“ serviert wird.

(6) Viele Cocktails werden durch Dekos optisch aufgewertet – doch auch hier ist weniger oft mehr! Mit Ausnahme der Tiki-Drinks, die durch aufwendige Dekos, in welchen nicht selten Ananas, Cocktailkirschen, Orangenstücke, Minze oder gar Orchideenblüten zur Darstellung tropischer Üppigkeit zusammenspielen, beschränke man sich auf das Setzen dezenter Akzente: Die Deko soll den Inhalt des Glases optisch unterstreichen, nicht von ihm ablenken!

Und grundsätzlich ist es keine schlechte Idee, wenn die Deko auch einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Getränk selbst darstellt. Enthält der Cocktail also zum Beispiel Ananassaft, dann ist ein Stück Ananas angebracht, spielt Limettensaft eine Rolle, dann wird man gut daran tun, eine Limettenspalte zu verwenden usw. – Und bei der obligatorischen Olive im Martini Extra Dry stellt sich dann nur die Frage: grün oder schwarz? Daß so manche Deko im Cocktail auch geschmackliche Akzente setzt, sieht man zum Beispiel bei der Zitronenschale im Sazerac oder eben auch der Olive im Martini – doch das ist ein eigenes Thema!

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

 

2 Gedanken zu “Wie mixe ich einen guten Cocktail?

  1. Es ist so schön, endlich mal von jemandem zu lesen, der Wert und Ehre von echten Cocktails versteht und dies dann auch noch zu Papier bringen kann. Ich stimme diesem Beitrag zum Mixen eines guten Cocktails hundertprozentig zu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert