Wie alles begann: Der Sazerac! (I)

Heute ist die Bezeichnung „Cocktail“ ein Sammelbegriff für beinahe jede Art von Mixgetränk, sei es nun alkoholischer Natur oder auch alkoholfrei – und darüber hinaus dient „Cocktail“ sogar als Begriff für jedwede Art von Mischung, die gar nichts mit Getränken zu tun haben muß.

Seinen Ursprung nahm der Cocktail jedoch in New Orleans, das deswegen bis heute ganz zu Recht als „Wiege des Cocktails“ bezeichnet wird. Noch der berühmte „Professor“ Jerry Thomas bezeichnet den Cocktail als „moderne Erfindung“, die vor allem anläßlich von allerlei sportlichen Veranstaltungen, wie etwa einer Angelpartie, genossen wird.

In New Orleans, genauer gesagt im „Vieux Carré“, dem alten französischen Viertel von New Orleans, entstand um 1860 der allererste „Cocktail“, der im Unterschied zu den bereits seit vielen Jahren beliebten anderen Mixgetränken wie Shrubs, Slings und Punches etc. so benannt wurde und ein Mixgetränk bezeichnete, das ausschließlich aus den drei Zutaten „one spirit, one sweetener, one bitters“ hergestellt wurde. Woher genau der Name „Cocktail“ stammt, darum ranken sich vielerlei Legenden, die freilich heute nicht mehr nachprüfbar sind.

Am Anfang der Geschichte, die zur Erfindung des Cocktails führen sollte, stand ein Sklavenaufstand: 1793 erhoben sich die schwarzen Sklaven auf San Domingo, das damals zu Frankreich gehörte, gegen ihre weißen Herren, die sich dadurch gezwungen sahen, die Insel in der Karibik fluchtartig zu verlassen und sich anderswo anzusiedeln.

Ein Teil dieser französisch-stämmigen Plantagenbesitzer fand den Weg nach New Orleans, damals eine eher unbedeutende Ortschaft mit Namen La Nouvelle-Orléans in „Spanisch-Louisiana“, und mit sich brachten sie ihre wertvollsten Besitztümer, Gold und Haushaltswaren, aber auch Sklaven für die Hausarbeit. Andere geflüchtete ehemalige „Dominguois“ hatten dagegen nur, was sie am Leibe trugen bzw. ihre Kenntnisse in dieser oder jener Richtung.

Einer von ihnen war ein gewisser Antoine Amadée Peychaud, der über ein altes Familienrezept zur Herstellung einer Medizin gegen Unwohlsein verfügte. Er eröffnete in seiner neuen Heimat alsbald eine Apotheke, die vor allem durch den Verkauf dieses schlicht „Bitters“ genannten Tonikums florierte.

1859 eröffnete ein gewisser John B. Schiller sein „Sazerac Coffee-House“, das er nach dem Weinbrand benannte, der von der Firma Sazerac-de-Forge et fils in Limoges in Frankreich hergestellt wurde, deren Generalvertreter Schiller in der neuen Welt war. (Die bisweilen kolportierte Version, daß der Name Sazerac sich von einer alteingesessenen Familie in Louisiana ableitete, kann schon deshalb nicht stimmen, weil es keine Familie mit solchem Namen gab). In der Bar dieses „Kaffeehauses“ bot Schiller jedenfalls einen Drink an, der als Basis genau jenen Sazerac-Brandy enthielt, versetzt mit dem lokalen Bitters von Antoine Peychaud und gesüßt mit Zuckersirup.

1870 übernahm Thomas H. Handy, sein früherer Buchhalter, das Geschäft von Schiller, zu einer Zeit, als der Sazerac-Cocktail bereits ein äußerst beliebter Drink in New Orleans war. Er änderte den Namen seiner neuen Besitzung in „Sazerac House“, sah sich aber sogleich vor ein großes Problem gestellt: Der Nachschub an französischem Brandy brach durch die Reblaus-Katastrophe in Europa völlig zusammen – die Reblaus vernichtete zwischen 1865 und 1885 über 90% der Weinbauflächen Frankreichs und Resteuropas!

Handy machte aus der Not eine Tugend und ersetzte den rar gewordenen Brandy durch eine Spirituose, die vor Ort produziert und allenthalben erhältlich war – den Rye Whiskey, einen kräftigen Whiskey, der hauptsächlich aus Roggen gebrannt wurde. So gelang es Handy, sein Geschäft nicht nur weiter über Wasser zu halten, sondern es sogar noch auszuweiten, mit einem Drink der nun mehr amerikanisch als französisch war.

Etwa um 1870 gab ein gewisser Leon Lamothe, Bartender in Pina’s Restaurant in New Orleans, dem Sazerac den letzten Schliff, indem er dem Rezept Absinth hinzufügte, mit welchem das Sazerac-Glas ausgespült wird, bevor der zuvor in einem anderen Glas gerührte Drink eingegossen wird. – Damit entstand einer der berühmtesten wahren Cocktails der Welt, der heute als offizieller Drink von New Orleans gilt!

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

 

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