Vermouth – ein Star in der Bar

Vermouth, eine Bezeichnung, die sich vom deutschen Wort „Wermut“ ableitet, ist unverzichtbarer Bestandteil einer ganzen Reihe hochwertiger Cocktails und Mixgetränke, viele Klassiker unter ihnen wären ohne ihn einfach undenkbar!

Grundsätzlich ist ein Vermouth ein Wein, der mit Gewürzen und verschiedenen so genannten „Botanicals„, also allerlei pflanzlichen Bestandteilen, versetzt und mit Zucker gesüßt wurde. Ursprünglich tat man das, um den unangenehmen Geruch und Geschmack billiger Weine zu maskieren, und am leichtesten ging dies mit dem Wermutkraut (Artemisia absinthium), das dem Getränk einen bitteren und intensiven Geschmack und Geruch verlieh und so über die wahre Qualität des Weins (bzw. deren Abwesenheit) hinwegtäuschte. Zudem war man der Meinung, daß der Wermut zur Behandlung von Magenverstimmungen und Parasiten geeignet sei, seine Verwendung zur Aromatisierung von Wein ist deswegen schon fast so alt, wie der Wein selbst.

So richtig zur Sache ging es allerdings erst im späten 18. Jahrhundert, als Antonio Benedetto Carpano, der zu jener Zeit in einem Spirituosenladen im Herzen Turins arbeitete, versuchte, eine liebliche Alternative zum Rotwein zu erfinden, der auch für die Damenwelt geeignet war. Nach etlichem Experimentieren gelang es ihm, 1786 das Ergebnis vorzustellen, das aus weißem Muskatellerwein (Moscato) bestand, den er mit Artemisia und verschiedenen anderen Kräuterauszügen versetzte und durch Zugabe von Zucker und etwas Weinbrand aufspritete, wobei er sich an Rezepten orientierte, die Mönche eines nahe gelegenen Klosters erfunden hatten. Als Bezeichnung für seine Kreation wählte er „Vermouth„, das sich vom deutschen Namen des Artemisia-Krautes, Wermut, herleitete.

Dieses bitter-süße Getränk kam bei den Kunden (und nicht nur bei den Damen!) so gut an, daß Carpano seinen Laden rund um die Uhr geöffnet hielt und schließlich dem König von Sardinien-Piemont und gleichzeitigem Herzog von Savoyen, Vittorio Amadeo III., einige Flaschen zukommen ließ. Dieser machte den „Vermouth“ zu seinem Lieblingsgetränk und brachte ihn so auch nach Frankreich (Savoyen und Nizza wurden von Napoleon für Frankreich annektiert).

Dort ließ sich 1813 der in Marseillan, einer Gemeinde im südfranzösischen Languedoc, ansässige Joseph Noilly zu einer französischen Version eines solchen Vermouths inspirieren. Allerdings gingen er und später sein Sohn sowie sein Schwager Claudius Prat einen etwas anderen Weg und stellten einen trockenen, weißen Vermouth her, der seit 1855 unter der Bezeichnung Noilly Prat in den Bars in aller Welt zuhause ist.

In Italien waren inzwischen auch andere Hersteller in den wachsenden Vermouth-Markt eingestiegen, allen voran 1816 die ebenfalls in Turin ansässige Cinzano-Familie, und ab 1863 die Firma Martini & Rossi, die heute der weltgrößte Hersteller von Vermouth ist.

Ab 1869, das Goldene Zeitalter des Cocktails befand sich gerade in seinen Kinderschuhen, wurde der Vermouth zum festen Bestandteil vieler Cocktails, der erste war denn auch der so genannte „Vermouth Cocktail„, der aus nichts anderem bestand als aus gekühltem Vermouth mit einer Zitronenscheibe und manchmal einigen Spritzern Bitters und Maraschino Likör.

Der vorläufige Niedergang der Beliebtheit des Vermouth erfolgte nach dem II. Weltkrieg, als die Martini Cocktails immer trockener wurden (also mit immer weniger Vermouth zubereitet) und der Trend generell zu leichteren und weniger anspruchsvollen Cocktails ging. Es begann das Zeitalter der pappsüßen Kreationen, in welchen der Alkoholgehalt durch viel Sirup und Fruchtsäfte maskiert wurde.

Es sollte etliche Jahrzehnte dauern, bis um die Jahrtausendwende eine neue Generation qualitätsbewußter Genießer den klassischen Cocktail wieder zu entdecken begann, und mit diesem nimmt auch der Vermouth – ähnlich wie die Bitters – nach und nach wieder den ihn gebührenden Platz in den Bars der Welt ein!

Heute gibt es im Prinzip zwei Arten von Vermouth: Den italienischen Typ, der meist weiß ist, aber auch rot sein kann und der ziemlich süß ist. Die bekanntesten Marken sind Martini (der nichts mit dem gleichnamigen Cocktail zu tun hat!), von dem es auch Versionen in Rosé (rosato) und Gold (oro) gibt, und Cinzano. Jack Rose, Negroni und Park Avenue sind nur einige der vielen klassischen Cocktails, die ohne italienischen Vermouth nicht auskommen!

Der französische Typ ist trockener, wie etwa der Dolin, den es in den Versionen Rot (rouge) und Weiß (blanc) gibt. Er kann als Ersatz für die italienischen Verwandten verwendet werden, wobei freilich der damit hergestellte Drink etwas weniger süß daherkommt.

Der unbestrittene Star unter den Vermouths ist allerdings der bereits erwähnte Noilly Prat, der in Südfrankreich hergestellt wird und ein ganzes Jahr in Eichenfässern unter freiem Himmel reift, was ihm ein sehr intensives Aroma und einen trockenen Charakter verleiht, dem er seine Stellung als non plus ultra in der Bar verdankt, seit er 1853 erstmals in die USA exportiert wurde.

Einen guten Teil dieses Ruhms erntete Noilly Prat durch den Martini Cocktail, den „König der Cocktails„, in welchem er den Gin in geradezu genialer Weise ergänzt: Kein anderer Vermouth könnte ihn hier auch nur annähernd ersetzen!

Doch auch eine Vielzahl weiterer Cocktails kommt ohne Noilly Prat nicht aus, Black Friars, El Presidente und Income Tax sind nur einige Beispiele, vom Martinez, einer Version des Martini Cocktails ganz zu schweigen. Und in Frankreich wird er gerade bei heißem Wetter auch gerne pur auf Eis getrunken – eine ebenso schmackhafte wie starke Erfrischung!

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

Ein Gedanke zu “Vermouth – ein Star in der Bar

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