Curacao – eine Insel und ihr Likör (II)

Das Landhuis Chobolobo, wo der Genuine Curacao hergestellt wird, liegt im Osten der Insel Curacao und gehörte ursprünglich einer Familie Jesurun, wurde aber 1947 von Senior & Co. übernommen, die den berühmten Likör seither nach dem Originalrezept von 1896 herstellt.

Dabei war es alles andere als wahrscheinlich, daß auf Curacao überhaupt eine nennenswerte landwirtschaftliche Produktion aufgezogen werden könnte: Die von den Spaniern aus ihrer Heimat mitgebrachten Sämlinge der Valencia-Orangen kümmerten vor sich hin und taten sich schwer, sich an die ungewohnten Bedingungen anzupassen, die gekennzeichnet sind von sehr trockenem Klima, großer Hitze und dazu noch sehr kargen Böden, die so hart sind, daß sie kaum bearbeitet werden können.

Die Spanier gaben deshalb ihre Kultivierungsversuche alsbald auf und tauften Curacao sowie die unweit davon liegende Insel Aruba, welche von ähnlicher Natur ist, „Islas Inutiles“, also „Nutzlose Inseln“.

Und dennoch wird hier einer der berühmtesten Orangenliköre der Welt hergestellt, der auf aller Welt nachgeahmt, aber nie wirklich erreicht werden kann! Dazu dient eine Mikrodestillerie, die kleiner ist als ein gewöhnliches Wohnzimmer. In ihr steht immer noch die originale Kupferbrennblase, die nunmehr seit 119 Jahren ihren Dienst tut und pro Jahr zwischen 10.000 und 15.000 Liter Alkohol herstellt, was etwa 40.000 bis 60.000 Liter fertigen Likör ergibt.

Das frische Destillat kommt mit einer Stärke von 96% Alkohol aus der Brennblase und tröpfelt in ein 208 Liter fassendes blaues Fass, bis dieses nach drei Tagen mit dem äußerst aromatischen und vollkommen farblosen Destillat randvoll ist. Danach wird in einen Edelstahltank umgefüllt, wo Wasser und 400 kg Zucker sowie weiteres Destillat zugefügt werden. Nur vier Arbeiter sind mit der Herstellung des Genuine Curacao beschäftigt, der nach einer drei Tage währenden Filterung abgefüllt werden kann.

Zuvor wird allerdings der größte Teil der Produktion mit Lebensmittelfarbe blau, rot, orange oder grün eingefärbt, was auf den Geschmack keinerlei Einfluss hat, für Cocktails jedoch von entscheidender Bedeutung ist: Vor der Erfindung des Blue Curacao gab es keine einzige Möglichkeit, einen Cocktail von blauer Farbe herzustellen, und da Mixgetränke nicht nur mit ihrem Geschmack überzeugen, sondern auch das Auge erfreuen sollen, fand man mit dem Blue Curacao endlich eine Methode, mehr Abwechslung in die Welt des Cocktails zu bringen. – schon allein deshalb ist der blau eingefärbte „Blue Curacao“ der am meisten verwendete!

Problematisch für den Hersteller des Curacao ist nur die Tatsache, daß Ortsnamen (also auch der Name der Insel Curacao) nicht patentierbar ist – weshalb alsbald überall auf der Welt Nachahmerprodukte auftauchten, die heute den weitaus größten Anteil an der Weltproduktion von Blue Curacao ausmachen – dieser Anteil dürfte wohl bei über 98% liegen!

Aus diesem Grunde findet man den Genuine Curacao heute nur in erstklassigen Bars, die auf Qualität achten und die ihren Gästen das Besondere bieten wollen und deshalb weder Kosten noch Mühen scheuen, um den originalen Genuine Curacao anbieten zu können!

Der Genuine Curacao findet in seiner ungefärbten Version Verwendung zum Beispiel in der Margarita, dem Between the Sheets, dem Cosmopolitan oder dem El Presidente und kann generell den Triple Sec oder den Cointreau ersetzen. Der blau eingefärbte Blue Curacao gibt dem Swimming Pool, dem Blue Star Shaker oder dem Crazy Frog ihre charakteristische Farbe, während der Orange Curacao im Knickerbocker à la Monsieur, im East India oder im Park Avenue für den letzten Schliff sorgt.

Leider ist der Genuine Curacao nur schwer erhältlich, in Europa bekommt man ihn einzig und allein hier!

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost auf die kleine Insel Curacao!

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