Bitters (I): Angostura

Bei einem Bitter handelt es sich um ein pflanzliches Produkt in Form einer Tinktur, die durch Mazeration einer oder verschiedener pflanzlicher Zutaten in Alkohol hergestellt wird.

Angostura ist zweifelsfrei der bekannteste Bitter, der sowohl in der Bar, aber auch in der Küche vielseitige Verwendung findet. Kreiert wurde der Angostura Bitter von dem deutschen Arzt Dr. Johann Gottlieb Benjamin Siegert (1796 – 1870), der als Stabsarzt in der Armee von Simón Bolivar in Venezuela tätig war.

1824 komponierte Dr. Siegert aus verschiedenen pflanzlichen Rohstoffen ein Tonikum, das ihm bei der Behandlung seiner Kranken helfen sollte. Das genaue Rezept bleibt bis heute ein streng gehütetes Firmengeheimnis, sicher ist jedoch, daß die Rinde des in der Umgebung heimischen Angostura-Baumes (Cusparia febrifuga) NICHT Bestandteil des Rezepts ist. Nachahmerprodukte wie etwa der Angostura-Bitter der Fa. Riemerschmid enthalten hingegen diese Zutat.

Sitz des Militärhospitals von Dr. Siegert war die Stadt Angostura, die ihren Namen (übersetzt bedeutete Angostura “Flussenge”) von der Engstelle des Orinoko herleitet, an welcher sie liegt. Heute ist die Stadt als Ciudad Bolívar Hauptstadt des venezolanischen Bundesstaates Bolívar.

Das von ihm entwickelte Tonikum verkaufte Dr. Siegert zunächst als “Amargo Aromatico” (portugiesisch: “aromatischer Bitter”), und bald war auch die Royal Navy Abnehmer seines Tonikums, da sich herausgestellt hatte, daß dieses gegen die Seekrankheit wirksam war.

Durch den Erfolg dieses Tonikums selbst überrascht, quittierte Dr. Siegert 1830 seinen Dienst als Stabsarzt und eröffnete 1830 eine eigene Destillerie in Angostura, in welcher die jetzt erforderlichen Mengen des Bitters, den er seither als “Angostura Bitters” vermarktete, hergestellt werden konnten.

Die Söhne Dr. Siegerts sahen sich durch die politischen Unruhen in Venezuela dazu veranlasst, den Firmensitz und die Destillerie 1875 nach Port of Spain auf Trinidad & Tobago zu verlegen, wo der heute als “House of Angostura” firmierende Konzern bis heute ansässig ist und außer dem bekannten Bitter auch feine Rums unter dem Namen “Angostura” produziert.

Der Angostura Bitter erhielt eine Goldmedaille auf der Weltausstellung in Wien 1873, weshalb das Etikett bis heute das Konterfei des damaligen österreichischen Kaisers Franz Joseph I. Zeigt, zusammen mit der Medaille.

Das Etikett ist eigentlich für die kleine Flasche eine Nummer zu groß. Das liegt nach Aussage der bis heute im Familienbesitz der Siegerts befindlichen Firma an der typischen karibischen laissez-faire– Einstellung: Irgendjemand bestellte Etiketten, die zu groß geraten waren, und jedermann in der Firma dachte, daß irgendjemand den Fehler schon beheben werde – was allerdings nie geschah. Und seither ist das übergroße Etikett selbst zu einem Markenzeichen des echten Angostura Bitters geworden!

Übrigens wurde der Angostura Bitters trotz seines Alkoholgehaltes von 44,7% selbst während der amerikanischen Prohibition niemals verboten, da er zum puren Genuss einfach zu bitter ist und als medizinisches Produkt angesehen wurde.

Heute fehlt Angostura Bitters in keiner Bar und bildet eine wichtige Zutat für eine Vielzahl bekannter Cocktails, wie etwa des Old Fashioned oder des Planter’s Punch.

In diesem Sinne: Ein frohes Zwischenprost!

 

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